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So leben Indianer heute ...
die Überlebenden einer Legende ...
 
Die Unterwerfung Amerikas bedeutete die rücksichtslose Zertrümmerung der indianischen Gesellschaft und Kultur, die sinnlose Ermordung von vielen Menschen. An nackter Barbarei und Missachtung des Lebens, an Zerstörung historischer Kostbarkeiten und wertvoller Einrichtungen steht diese Eroberung wohl einzig da in der Geschichte. Sie gehörte zu den schlimmsten der entsetzlichen Blutbäder, die die Geburt und Errichtung des kapitalistischen Weltsystems begleiten.

William Z. Foster

 
Bisher habe ich über das Leben der nordamerikanischen Indianer vergangener Zeiten geschrieben. Für viele von uns ist ja gerade die Vorstellung vom "romantischen" Prärie- (Plains)indianer so interessant. Das Abenteuerleben mit seinen Büffeljagden, Kriegszügen, den romantischen Abenden am Lagerfeuer mit Tanz und Gesang weckt in vielen von uns Sehnsucht.
Was aber kam nach dem Büffelmord, der die Lebensgrundlage vieler Indianer bedeutete? Was geschah mit dem Indianer, nach dem man ihm sein Land, seine Freiheit genommen hatte? Der Indianer, der die Erde als seine Mutter betrachtete und niemals seine "Mutter" verkaufen würde, musste mit ansehen, wie die Weißen ihn mit gebrochenen Verträgen oder durch Vertreibung, Mord u.a. sein Land wegnahmen. Ohne Land, ohne Lebensgrundlage, wurde der größte Teil der Überlebenden des Widerstandes (ca. 10% der ehemaligen Bevölkerungszahl) in Reservationen umgesiedelt, in denen heute noch fast zwei Drittel der Bevölkerung der Ureinwohner leben.
Manche rassistischen Initiatoren dieser Politik hatten sich geschworen, die Schaffung der Reservationen zur Vollendung der Ausrottung der Indianer zu benutzen. Dazu kam ihnen ja auch der seit 1831 festgeschriebene Zustand zu Hilfe, wonach die Indianer der Union "einheimische abhängige Völker im Zustande der  Unmündigkeit" waren. Zwar wurde diese Situation durch ein Gesetz von 1924 aufgehoben und alle in den Reservationen lebenden Indianer der USA wurden zu Bürgern der US-Staaten erklärt, aber die materielle und kulturelle Lage änderte sich dadurch auch nicht.
Die meisten Reservationen befanden und befinden sich heute noch in Gebieten, die sich schlecht landwirtschaftlich nutzen ließen, zumal die Indianer auch keine Erfahrung in Viehwirtschaft hatten, um sich die spärlich zugeteilten, mehr als abgemagerten Rinder u.a. zur Beseitigung ihrer Hungersnot zu Nutze zu machen.
Ohne die Möglichkeit auf die Jagd zu gehen, nur auf die Rationen der Regierung angewiesen (wobei die Nahrungszuteilungen oft gar nicht erst auf der Reservation ankamen oder längst ungenießbar waren), starben in den ersten Jahren der Reservationszeit viele Indianer den Hungertod, Krankheiten
breiteten sich aus, kurzum, der Plan einiger Initiatoren ging fast auf. Doch selbst das Gebiet der Reservationen wurde den Indianern missgönnt. 1887 wurde das General Allgotment Act (später Dawes Act genannt) - von Senator Dawes ausgearbeitet - verabschiedet, welches im wesentlichen die Aufteilung des Reservationslandes in jeweils 160 Aares (ca. 64 ha = 640 000m²) große Flächen an Familienoberhäupter vorsah. Allerdings wurden diese Parzellen erst nach 25 Jahren Eigentum der indianischen Pächter. In dieser Zeit sah sich die US-Regierung als Treuhänder dieses Landes.
Eine nette Geste?
Der Indianer, der den "Besitz" des Landes nicht kannte und schon gar nicht den Privatbesitz, verkaufte oftmals aus Unkenntnis und aus Notsituationen heraus sein "zugeteiltes" Land an weiße Farmer, Rancher oder Spekulanten. Die Folge dieses Dawes Act-Gesetzes war, dass sich die vertraglich zugesicherte Größe der Reservationen von 1887-1932 um weit mehr als die Hälfte reduzierte.
Außerdem sollte auf diese Art natürlich auch der Gemeinschaftssinn des Stammes gebrochen werden. Nun war den Indianern buchstäblich nichts mehr geblieben. Sie sollten ihre Wurzeln vergessen und zu Weißen werden oder untergehen. Die Kinder wurden oftmals von ihren Eltern fortgerissen und auf Schulen geschleppt, wo ihnen bei Strafe verboten war, ihre eigene Sprache zu sprechen und wo oft drastische Maßnahmen angewendet wurden, um ihren Willen zu brechen und ihren Charakter zu "formen". Zeremonielle Handlungen und Rituale irgendeiner Art waren verboten.
Erst das Indian Reorganization Act von 1934 hob einige Bestimmungen des Dawes Act wieder auf. Im Rahmen einer New-Deal-Politik wurde den Indianern u.a. gestattet, ihr gesplittetes Land wieder zusammenzulegen, durch die Anerkennung der Stammesräte seitens der Regierung eine gewisse Selbstverwaltung auszuüben und wurde das Verbot religiöser Zeremonien wieder aufgehoben.
Doch wie sieht die Situation heute aus?

Bisher haben wir vom Indianer in der Reservation gesprochen. Doch in den 50er und 60er Jahren dieses Jahrhunderts war eine Abwanderung von Indianern aus den Reservationen und ländlichen Gegenden in die Großstädte zu beobachten. Sicher um der Armut und Zukunftslosigkeit in den Reservationen zu entgehen, aber auch auf Grund der von der US-Regierung praktizierten Terminations- und Relocationspolitik. Erstgenanntes beinhaltete die Aufkündigung der Treuhandfunktion der US-Regierung und übertrug diese an die Regierungen der einzelnen Staaten der USA. Damit hatten die betroffenen Stämme keinerlei Anspruch mehr auf staatliche Unterstützung, was oft zum Ruin der  jeweiligen Stämme führte. Deshalb waren viele Indianer regelrecht gezwungen, sich in den Großstädten nach Arbeit umzuschauen oder sich um staatlich finanzierte Ausbildungsplätze zu bewerben. Doch sobald sie in der Stadt lebten, hörten sie für das BIA (Bureau of Indian Affairs) auf zu existieren und verloren all ihre "Rechte", welche sie in der Reservation noch hatten, wie Steuerfreiheit u.a. Deshalb förderte die Relocationspolitik die Abwanderung. In der Großstadt gehörten und gehören sie auch heute noch zu den Benachteiligten, die sich in den Elendsviertel der Städte wiederfinden. Dort haben sie es nicht nur mit Armut, Arbeitslosigkeit, Rassismus und Alkoholismus zu tun, vor denen sie aus den Reservationen geflüchtet waren, sondern sie sind vor allem in sozialer und kultureller Hinsicht stark isoliert. Dazu kommt, dass es ihnen schwer fällt, sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft aus verschiedenen Stämmen, zu organisieren. Doch gibt es jetzt in vielen Städten die sogenannten Indian Center, deren Aufgabe es ist, Möglichkeiten zur Kommunikation untereinander und zur Beschäftigung mit traditionellen Kulturen zu schaffen. Viele der Stadtindianer pendeln heute zwischen den Reservationen und den modernen Städten der Weißen hin und her. Die Situation in den Reservationen ist aber auch nicht viel anders. Die etwa 300 Reservationen der USA, die dem BIA (Bureau of Indian Affairs) unterstehen, sind immer noch ein trauriger Beweis für die indianerfeindliche Politik. Trotz vieler Beteuerungen seitens der Regierung, die Lage der Indianer zu verbessern, hat sich für die meisten Indianer in den Reservationen nichts geändert. In vielen Reservationen herrscht die höchste Arbeitslosigkeit des Landes, die Anzahl der Beschäftigungslosen ist mancherorts fast dreimal so hoch als sonst, in einigen Reservationen liegt sie bei 80% der Reservationsangehörigen.
Das Einkommen derer, die Arbeit haben liegt noch unter dem der Minderheiten, noch unter dem der ärmsten Schichten der restlichen Bevölkerung, zum Teil 20% unter dem Existenzminimum. Die Armut ist dementsprechend hoch. Weiterhin ist das Leben in den Reservationen auch heute noch geprägt von hoher Kindersterblichkeit, Analphabetentum (manche Schulen liegen so weit entfernt, dass sie zu Fuß unmöglich zu erreichen sind und Schulbusse gibt es nicht immer), Rechtlosigkeit und Alkoholismus, der eine der schlimmsten Geisel für die von Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit durchdrungenen Indianer ist. Natürlich versuchen die Indianer immer wieder mit öffentlichen Aktionen (die Besetzung von Alcatraz 1971; die Besetzung von Wounded Knee 1973; die Protestaktion von Vertretern der Oglala-Siox von Pine Ridge, eine der ärmsten Reservationen der USA, vor dem US-Innenministerium in Washington; Demonstrationen u.a.) oder mit den Mitteln der Justiz auf ihre prekäre Lage aufmerksam zu machen und ihre Rechte und Souveränität einzufordern (Per Gerichtsentscheid fordern die Sioux die Black Hills als ihr rechtmäßiges Eigentum zurück. Das Oberste Bundesgericht der USA weist diese Klage im Jahre 1982 ab.). Zu dem Thema "Widerstand heute " möchte ich jedoch später mehr berichten, auch über den oft weiter praktizierten Völkermord (z.B. die Sterilisation indianischer Frauen ohne das sie darüber Bescheid wissen oder sogar gegen ihren Willen zur "Geburtenkontrolle", die Entfremdung indianischer Kinder von ihren Wurzeln, inklusive Sprachverbot der eigenen Muttersprache und Aufdrängung der christlichen Religion).
Umgeben von geschürtem Rassenhass, größtenteils immer noch ohne eigenes Land, mit einer Selbstverwaltung, die oft nur auf dem Papier existiert und  abhängig von der Willkür der Bundesstaat-Regierungen, hat sich die Situation der Indianer auch heute nicht spürbar verändert. Abbau der sozialen Leistungen, Kompetenzüberschneidungen von Stammes-, Dorf-, Stadt-,- oder Landverwaltungen, weiterer Landraub, Missachtung der Souveränität der Indianer, Gesetzesbrüche seitens der Regierungen; all das kennzeichnet die Situation der "staatlich anerkannten" Indianer der Reservationen.

Dazu kommt, dass einige Gruppen der Ureinwohner Nordamerikas, welche nicht in Reservationen, aber größtenteils auf dem Land leben, von den jeweiligen Bundesstaat-Regierungen als auch von der US-Regierung nicht anerkannt werden. Das trifft vor allem für die auf dem ehemaligen "Indianerterritorium" (Vorläufer der Reservationen, in das zwanzig Indianervölker mit Gewalt umgesiedelt wurden) lebenden Indianerstämme wie Cherokee, Creek u.a. zu.
Heute leben dort ca. 20 000 Indianer, die zwar oft noch ihre eigene Sprache sprechen, aber in großer Armut leben. Schuld an diesen Zuständen sind in erster Linie bundesstaatliche Organe. Allerdings versucht man dort in einigen Gebieten dies zu ändern mittels Arbeitsplatzbeschaffungs- und Umsiedlungsmaßnahmen und mit bestimmten Einschränkungen die Anerkennung als politische Einheiten.
Demgegenüber gibt es natürlich auch Indianer, die sich in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht selbständig machen konnten nach dem Prinzip "hilf dir selbst". Dies gelang entweder auf Grund besonderer Talente wie z.B. bei den Mohawk, die als Spezialisten für den Hochkonstruktionsbau gelten und USA-weit eingesetzt werden oder weil sie, wie einige Stämme des mittleren Westens das Glück hatten, von Pachtgeldern für reiche Fundorte von Erdöl, Uran u.a. auf ihrem Stammesgebiet verschiedene Industriebetriebe gründeten, in denen vor allem Angehörige aus den eigenen Stämmen arbeiten. Allen Verleumdungen zum Trotz (sie sind faul, unzuverlässig, dumm) haben die nordamerikanischen Indianer eine außerordentliche Begabung für viele Industriezweige, siehe einige Gruppen der Apachen, die sich als kluge Fleisch- und Milchproduzenten betätigen. Besonders bewährt haben sie sich in der metallverarbeitenden Industrie.
Die Situation der Indianer Kanadas ist ähnlich die der Indianer der USA. Viele Indianer der beiden Staaten haben ja die gleiche Vergangenheit, dieselben Wurzeln, dieselbe Sprache, aber die Grenze zwischen beiden Staaten unterstellte sie verschiedenen Regierungen. Auf dem Gebiet Kanadas leben heute Angehörige von 10 Sprachfamilien, die meisten davon Athapasken und Algonkin. Ingesamt machen die Indianer Kanadas ca. 1,7% der Gesamtbevölkerung aus. Ihr Schicksal nach dem großen Widerstandskampf, bei dem in Kanada die Indianer nicht ganz so starken Dezimierungen durch die Weißen ausgesetzt waren wie in den USA, endete meistens auch in Reservationen, die der gesetzlichen Oberhoheit der Regierung unterstellt waren (1867). Im Indian Act (1876) wurden diese Beziehungen zwischen Regierung und Indianern in Form gebracht.
Seit 1961 ist sind die Ureinwohner Nordamerikas in Kanada rechtlich mit den anderen Kanadiern gleichgestellt. Seit Mitte der 80er Jahre gibt es Bemühungen, die Lage der Indianer, vor allem in den Reservationen zu verbessern. Aber auch dort gibt es heute noch eine hohe Arbeitslosigkeit, lebt der überwiegende Teil unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, liegt die Lebenserwartung 20 Jahre unter dem Landesdurchschnitt. Auch hier ist Alkoholismus stark verbreitet.
Heute sind Indianer in Amerika und auch überall in der Welt in "Mode" gekommen, gelten sie als "Exoten" im eigenen Land. Es ist "schick", etwas Indianerblut ins einen Adern zu haben. Das liegt zum Teil an dem öffentlichen Interesse der Weltbevölkerung an den Indianern, aus unterschiedlichen Gründen und zum Teil an dem wachsenden Selbstbewusstsein der Indianer, das Ausdruck findet in ihrer Kunst, in Filmen und Liedern und natürlich auch in einer wachsenden Widerstandsbewegung für die Einhaltung ihrer Rechte und Souveränität.
Diese Beliebtheit und die Notsituation der Indianer nutzen einige Weiße aus, um den Indianer zu vermarkten. So trifft man heute überall halbserienweise hergestellte handwerkliche Erzeugnisse, die mit der wahren indianischen Kunst nichts zu tun haben und oft gar nicht im eigenen Land hergestellt werden. So wird z.B. "echt indianischer" Schmuck in Taiwan oder Hongkong hergestellt. Das bedeutet natürlich für die Silberschmuckhersteller der Navajos, Zuni und Hopis z.B., beträchtliche Einbußen, obwohl sie wahre Meister ihres Fachs sind. Ein weiterer Ausdruck des Interesses an Indianern ist die oft demütigende, widerwärtige Verwandlung einiger weniger Indianer in Attraktionen der Touristenindustrie. Diese Indianer, die oft den von Hollywood verfälschten Stereotyp des Plainsindianers darstellen, führen nach den Anweisungen des Veranstalters "Kriegstänze" vor, lassen sich gemeinsam fotografieren und zeigen ein Bild des Indianers, das der Tourist erwartet. So degradiert man den Indianer nun auch noch zum Schausteller. Allerdings bietet der Umsatz an indianischen Gegenständen, Kleidern und Schmuck vielen Indianern einen echten Zuverdienst, wenn nicht alleiniges Einkommen, indem sie für Interessenten auf der ganzen Welt nähen, sticken, sogar quillen und diese Sachen dann verkaufen.
Dies soll es erst einmal zur Situation der Indianer heute gewesen sein, wobei ich bemerken möchte, dass in absehbarer Zeit weitere Artikel zu diesem Thema erscheinen, die sich vor allem mit speziellen Beispielen der Ungerechtigkeit, Kriminalität den Indianern gegenüber, Landraub, Rassismus u.a. beschäftigen.

Das Land verkaufen? Warum nicht auch die Luft und das Meer? Hat nicht der Große Geist all das zum Wohl seiner Kinder geschaffen?

Tecumseh


Friede ist nicht nur das Gegenteil von Krieg, nicht nur der Zeitraum zwischen zwei Kriegen - Friede ist mehr. Friede ist das Gesetz menschlichen Lebens. Friede ist dann, wenn wir recht handeln und wenn zwischen jedem einzelnen Menschen und jedem Volk Gerechtigkeit herrscht.

Spruch der Mohawk


Wir verlangen von den Vereinigten Staaten weder karitative Maßnahmen noch pateranalistische Fürsorge. Wir verlangen nicht einmal guten Willen. Wir verlangen nur, dass der Charakter unseres Problems anerkannt wird und das diese Erkenntnis den Ausgangspunkt jeder proindianischen Politik, jeder Aktion bildet... Unsere Welt ist verschwunden. Nur die letzten Bruchstücke unseres Landes sind uns noch geblieben. Aber es ist unsere Absicht, auch diese Bruchstücke mit der gleichen Sorge und Achtung zu bewahren und zu entwickeln, wie das jede andere kleine Volk, jede ethnische Gruppe tut, die sich ihre Identität, ihre nationale Existenz bewahren will.

Schlussdeklaration der Indianer auf der allindianischen Konferenz von Chicago 1961
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